Rüdiger Kemmler's Genealogie Webseite

Aus Kemmler wird Kämmler

Kemmler becomes Kaemmler

Sigmund Kemmler, geb. am 9.5.1798 in Wankheim wandert 1817 über Reicheneck nach Bessarabien aus. Seine Eltern waren von Wankheim nach Reicheneck gezogen. In Arzis in Bessarabien heiratet er Anna Katharina Krämer aus Oferdingen.


Dr. Walter Schmid schreibt in seinem Buch die „Die Auswanderung von den Härten“ auf den Seiten 62 – 65:
Johannes Kämmler
Johannes Kämmler, geb. 14.12.1846, gestorben 12.11.1904 in Teplitz
Enkel des Auswanderers Sigmund Kemmler

Ob man im Vaterland bleiben oder doch nach Kaukasien ziehen solle, war zu dieser Zeit auch Inhalt der Unterredungen in den „Privaten Erbauungsstunden“ in Wankheim. Dort haben zum Ärgernis des Ortspfarrers einige Männer aus Lustnau, die selbst zur Auswanderung entschlossen waren, die „Stunde gehalten“ und das Neue Testament ausgelegt. Und offenbar durch deren Rede, wohl auch unter dem Eindruck der in Umlauf gekommenen Endzeitberechnungen und Prophezeihungen, ist damals der 19-jährige Sigmund Kemmler über Reicheneck nach Rußland ausgewandert. Zuverlässige Auskunft darüber gibt allerdings nicht das örtliche kirchliche Familienregister, sondern eine im März 1818 erstellte Einwanderungsliste aus Teplitz[1]. Sie nennt Sigmund Kemmler und Katharina Kemmler, geborene Krämer aus „Offerdingen“. Sie haben sich mit Auswanderern aus Kirchentellinsfurt und Dettenhausen der Walddorfer Auswanderungs-„Harmonie“ angeschlossen. Zu dieser hatten sich religiös Gleichgesinnte für die Ausreise und die spätere Ansiedlung zusammengefunden. Allein aus Walddorf haben ihr 19 Familien und eine Ledige, insgesamt 109 Personen, angehöhrt.

Johannes Maier aus Walddorf und Philip Rohrer aus Grafenberg waren zu Ältesten dieses kleinen Gemeinwesens gewählt worden. Sie übernahmen auf der Reise geistliche und weltliche Aufgaben, sorgten für die Gottesdienste, die schulische Unterrichtung der Kinder und für die angemessene Versorgung der weniger Bemittelten und der Kranken.

Alle Angehörigen der Walddorfer „Harmonie“ sammelten sich am 5. Juni 1817 mit Pferdefuhrwerken zur Abreise nach Ulm. Von dort aus ging es mit einer „Ulmer Schachtel“ donauabwärts. Die Reise war beschwerlich und gefährlich. Nach Ankunft der Auswanderer bei der Grenzstation Ismail, am Beginn des Donau-Deltas gelegen, ist eine Fieberepidemie ausgebrochen, so daß während der 24-tägigen Quarantäne bereits ein großer Teil der Auswanderer gestorben ist.

Obwohl Einzelheiten nicht überliefert sind, ist sicher, dass Sigmund Kemmler und Katharina Krämer diese Epidemie überstanden haben, sich dann aber gleich nach Ismail mit weiteren 18 Familien aus dem Tübinger Oberamt vom Hauptzug trennten. Zusammen mit etwa 100 anderen Familien haben sie sich 90 Werst nord-östlich von Ismail in einem Steppental niedergelassen und die Kolonie Teplitz gegründet.

Sie sind in der ersten Einwandererliste vom 1. März 1818 aufgeführt, dazu noch zahlreiche Familien aus Walddorf, Rübgarten, Pliezhausen, Dettingen/Erms, Oferdingen und Reutlingen.

Simon Johannes Kämmler, geb. 2.5.1874,in Teplitz gestorben März 1945 in Kutno/Polen
Simon Johannes Kämmler, geb. 2.5.1874,in Teplitz gestorben März 1945 in Kutno/Polen

Wie schwer die Anfänge in Teplitz gewesen sind, ist folgendem Bericht zu entnehmen:

„Jede Familie erhielt bei ihrer Ankunft zur Unterstützung von der Krone 100 Rubel Silber in barem Geld. Die erste Aufgabe war die Erbauung von einstweiligen Wohnhäusern. Nachdem die Einwanderer die 24 Tage lange schwere Quarantäne in Ismail ausgehalten hatten, erkrankten fast alle, am neuen Wohnort angelangt, an der Ruhr und am Fieber. In mancher Hütte war keiner, der dem andern einen Trunk Wasser reichen konnte. So sah sich der örtliche Vorstand endlich genötigt, des Morgens die Wohnungen zu revidieren, wer noch lebte oder wer gestorben sei. Manchen Tag wurden 6-7 Leichen beerdigt, und das Sterben nahm so zu, daß in 4 Monaten bereits 110 Seelen beiderlei Geschlechts gestorben waren. Es herrschte in der ersten Zeit große Armut[2]“.

Über das weitere Schicksal des Wankheimers ist wenig bekannt. Einem Eintrag in der schon erwähnten Einwandererliste zufolge ist Sigmund Kemmler vier Jahre nach der Ankunft in Teplitz gestorben. Der Familienname taucht aber in späteren Jahren noch einmal auf. Ein Simon Kemmler war in den Jahren 1851 – 54 zum Beisitzer in Teplitz und 1858 – 60 als „Oberschulz“ gewählt worden.

 

 

 

 


Kontakt mit den Nachfahren
Alfred Kämmler mit seinem Sohn Felix auf den Feldern von Teplitz 1940, kurz vor der Umsiedlung nach Deutschland (heutiges Polen)
Alfred Kämmler mit seinem Sohn Felix auf den Feldern von Teplitz 1940, kurz vor der Umsiedlung nach Deutschland (heutiges Polen)

Nun hier kann ich weiterhelfen. In 2002 konnte ich den ersten Kontakt zu Nachfahren von Sigmund Kemmler herstellen. In einem Treffen im Mai 2003 erzählte mir Lucie Kasischke-Kämmler, eine Cousine 7. Grades, dann einiges über ihre Familie. Sie selbst ist in Teplitz, Bessarabien geboren und hatte dort eine glückliche Kindheit. Interessanterweise behielt die Bevölkerung ihre Kultur und schwäbische Sprache bei. 1940 nahm das Glück der Familie ein jähes Ende, als die zwischen Stalin und Hitler vereinbarte Umsiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung, sie zwang, die Heimat zu verlassen und alles zurück zu lassen.

Dieses Bild, aufgenommen von Adolf Kämmler zeigt seine 4-Jährige Nichte Lucie Kämmler mit einem Cousin und ihrem Opa
Dieses Bild, aufgenommen von Adolf Kämmler zeigt seine 4-Jährige Nichte Lucie Kämmler mit einem Cousin und ihrem Opa

1945 folgt ein weiterer Schicksalsschlag. Die Flucht vor der russischen Armee missglückt und sie wird mit Mutter und Bruder nach Sibirien verschleppt. Die Großeltern sterben auf der Flucht in Richtung Deutschland. In Sibirien starb dann noch ihre Mutter. Erst 1955 konnten sie und ihr Bruder Felix zu Ihrem Vater nach Deutschland zurückkehren. In ihrem Buch „Im Schneesturm – Ein deutsches Mädchen verschleppt nach Karagand“ hat sie ihre Geschichte festgehalten. Ich war enorm beeindruckt vom ihrem Schicksal, aber auch von der ungeheuerlichen Energie, die sie ausstrahlte. Freundlicherweise hat sie mir auch einige Fotos ihrer Familie übergeben. Ebenfalls Dank ihrer Mithilfe verfüge ich auch über eine sehr gute Dokumentation der Nachfahren von Sigmund Kemmler und bin somit in der glücklichen Lage auch diesem Familienzweig bei Bedarf einen entsprechenden Stammbaum zur Verfügung stellen zu können.

Alfred Kämmler, geb. 28.3.1903 in Teplitz, gestorben 25.1.1989 in Backnang
Alfred Kämmler, geb. 28.3.1903 in Teplitz, gestorben 25.1.1989 in Backnang

Doch nun zurück zu Sigmund Kemmler. Kurz vor seinem Tod im Juni 1822 kommt sein Sohn, Sigmund zur Welt. Mit ihm ändert sich die Schreibweise in Kämmler. Sigmund bekommt noch 3 Halbgeschwister, die unehelich geboren werden und auch den Namen Kämmler tragen. Die Nachkommen von Sigmund Kemmler behaupten sich in erfolgreich in der neuen Heimat und bekleiden wichtige Funktionen in der Gemeinde Teplitz. Heute leben viele von ihnen wieder in Baden-Württemberg.

[1] Weiß;H.; Geschichte der Kolonie Teplitz, Tarutino 1931, S. 24

[2] Leibbrandt, G.; Die Auswanderung aus Schwaben nach Rußland 1816 – 1823, Stuttgart 1928, S. 139

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