Während meiner Nachforschungen stieß ich auf den Auswanderer Robert Eugen Kemmler, geb. 6.71867 in Rudersberg. Sein Vater, Gottlieb Kemmler, war Schullehrer und stammte ursprünglich aus Reicheneck. Durch seinen Beruf kam Gottlieb Kemmler 1844 nach Waldenbuch, 1852 nach Oberböbingen und blieb lange Jahre in Rudersberg, wo 3 seiner 5 Kinder zur Welt kamen. Seine Ehefrau, Anna Maria Geisel, stammte aus Pfullingen.
Das faszinierende an Robert Eugen Kemmler waren mehrere Dinge.
- Seine Auswanderungsweg führte in 1891 zuerst nach London, wo er bei seinem Bruder Carl in London wohnte, der vermutlich eine Klavierfabrik hatte.
- Sein Onkel gab im wohl eine Art „Durchschreibebuch“ mit, vergleichbar mit einem Quittungsblock, so dass viele seiner Briefe, die er an seine Verwandten und Freunde schrieb in Kopie erhalten sind – bei einem Besuch in Chicago hat mir seine Enkelin Gretchen Flores dieses Kleinod gezeigt und eine Reihe von Kopien dieser Briefe überlassen
- Nach seiner Ankunft in New York forschte er nach dem Verbleib seiner beiden Onkeln, Sigmund Kemmler und Johann Daniel Kemmler, sowie seiner Tante Regina Kemmler, die bereits vor 1850 in die USA ausgewandert waren. Innerhalb von nur 10 Tagen hatte er Nachricht, dass sein Onkel Sigmund sich in Waterstreet, Huntington Co, PA niedergelassen hatte und machte sich auf nach PA! Um das zu schaffen, muss es ein Art „Informationssystem“ gegeben haben, die die ankommenden Auswanderer weitergeleitet hat.
- Über seinen Onkel Sigmund fand er dann auch seine Tante Regina, die ganz in der Nähe ihres Bruders in Altoona lebte und mit Johann Zeilinger, einem Auswanderer aus Bayern verheiratet war uns seinen Onkel Daniel, der sich in New Orleans niedergelassen hatte.
- Durch die Reichenecker Wurzeln war Robert Eugen Kemmler auch ein entfernter Verwandter von mir.
Über die Jahre ist es mir dann gelungen, die Nachkommen dieser Reichenecker Auswanderer fast lückenlos zu erfassen und mit vielen meinen Cousins und Cousinen in Kontakt zu kommen. Leider sind über die letzten Jahre einige Kontakte durch geänderte Email-Adressen wieder verlustig gegangen.
Rober Eugen Kemmler ließ sich in St. Louis, MO nieder, wo in der Firma seines Vetters Adolf Geisel arbeitete.
Nachfolgend möchte ich einen dieser Briefe zum Einstieg veröffentlichen.
Transkriptionen der Seiten 6 und 7 der Briefe von Robert Eugen Kemmler
24. Januar
Sonntag nachmittagLiebe Mutter und Geschwister,
Bertha’s Karte vom 10. Januar habe ich erhalten und danke bestens für die Neuigkeiten. Inzwischen werdet Ihr meine Briefe v. 27.12. + meine Karte vom 17. Januar noch erhalten haben. Schreibt immer das Datum der Briefe, die Ihr von mir bekommt, damit ich verfolgen kann, ob Ihr sie alle erhaltet.Es ist mir immer eine innerliche Genugtuung wenn ich Gott sei Dank bis jetzt nur Gutes schreiben kann von Amerika, von dem Land wohin mich’s schon als Jungen so stark hingezogen hat. Der Wunsch meine unbekannten Kemmler Vettern zu suchen, ist wie Ihr jedenfalls selbst zugeben müßt einer Weise erfüllt worden. 100 Prozent mehr als ich je in meiner Phantasie ausmalte.
Wäre ich in England geblieben, würde es mit mir nur so sein, wie vor 2 Jahren mit einem Wort ich wäre versumpft. Ich wünsche Ihr könnt Euch so weit in meine Lage versetzen und es selbst mit ansehen. Ein ganz anderer Geist beseelt mich, ich weiß selbst nicht wie es ist.
Eine neue Lust zum Leben und eine Freudigkeit zur Arbeit wie ich sie nie vernehmen konnte. (Soweit gekommen beehrten mich Jacob Wobler mit Sohn und Tochter mit deren Besuch und wird wieder dieser Brief kurz ausfallen, da noch Stück 4 – 5 Briefe an die Pennsylvanien Vettern zu schreiben habe)
Gestern bekam ich wieder ein großartiges Geschenk von meinen lieben Pennsylvanien Vettern in einer Kiste verpackt, Gewicht über 100 Pfund. Darin waren zu finden ein großer Schinken (mindestens 25 -30 Pfund), Äpfel, verschiedene Sorten getrocknetes Obst, Honig, 2 Pfund Butter, Würste, Sauerkraut, Flasche Wein und ungefähr 10 Töpfe verschiedener eingemachten Sachen usw. Sogar die Fracht (13 DM) haben Sie für mich bezahlt. So etwas ist einfach rührend, nie, nie ließ ich mir träumen von Leuten so behandelt zu werden, von denen ich vor 12 Monaten keine Idee hatte das solche existieren. Ich wünschte nur ihr könntet perfekt Englisch verstehen, dann wollte ich Euch deren Briefe zuschicken. Der Geist der diese Briefe durchweht ist einfach köstlich für mich. Bekanntlich habe meinem Schwiegervater (in spe) auf Neujahr einen Schreibe-Brief geschrieben ! auf welchen zwar bis heute ohne Antwort geblieben bin, das heißt indirekt. Jacob sagt in seinem letzen Brief, daß Mr. Hilemann ihn eingeladen habe. Als er hinkam fand er dass Hilem. krank war. H. ließ Jacob den Brief lesen, welchen ich ihm schrieb und der wie Ihr Euch einbilden könnt, prima? abgefaßt war. Kurz und gut ich habe den Nagel auf den Kopf getroffen, die Familie hat es sehr gefreut + H. versprach zu antworten sobald wieder gesund. Er wollte haben, dass seine Tochter für ihn schreiben soll, aber sie ging vorsichtshalber! nicht darauf ein. Jacob sagte dass das der Pfarrer wie letztlich um mich (?) uns sie haben müssen unzählige Fragen beantworten, welches sie redlich thaten, + er war schon von mir vorher instruiert worden. Jacob sagte noch, dass ich bei den Alten in hoher Gunst stehe und das Übrige nur noch von mir abhinge.
4. Februar 1892, Heute komme wieder dazu obiges noch einiges anfügen. Inzwischen hat mein zukünftiger Schwiegervater den Brief in der liebenswertesten Weise beantwortet mit einem Worte Triumph folgt einer Verwandten.